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Pressespiegel 2011
»Punk-Bier und die volle Dröhnung "Motörhead"«
Dienstag, 12.07.2011, Offenburger Tageblatt, Steve Przybilla & Stephan Hund
Punk-Bier und die volle Dröhnung »Motörhead«
OT-Serie »Offenburg bei Nacht« (5): Im »Stud« gerät Styling zur Nebensache / Luftgitarre ist ein Muss
Langhaarige Mähnen, Holztische, Musik, nur wenn sie laut ist: So kennt man das »Stud«, so liebt man es. Eine Nacht in der wohl einzigen Kneipe, in der ein halber Liter Bier zwei Euro kostet und »Styling« ein Begriff aus dem Spießer-Wörterbuch ist.
12.07.2011 - Offenburg. Weit kann's nicht mehr sein. In der Wasserstraße hat jemand mit Edding ein Anarchie-Zeichen auf ein Verkehrsschild gemalt, daneben Hammer und Sichel. Noch ein paar Meter durch die dunkle Nacht, dann wird das Dröhnen mit jedem Meter lauter »Motörhead« schreit aus den Lautsprechern im »Stud« — jene britische Hard-Rock-Punk-Band, deren Klamotten genauso schwarz sind wie die der meisten »Stud«-Besucher.
Bier nur aus der Flasche
»Was, du willst Punk-Bier?«, fragt der Barkeeper, setzt einen ungläubigen Blick auf und greift widerwillig zur 0,5-Liter-Flasche »Waldhorn«, die hier genau zwei Euro kostet. »Also wenn du was Vernünftiges willst, dann kann ich dir auch richtiges Bier anbieten.« Das kostet 20 Cent mehr und wird angeblich von denen getrunken, die noch halbwegs nüchtern sind. Wie auch immer — die Bestellung bleibt. Wer will sich das legendäre Zwei-Euro-Bier schon entgehen lassen.
Zehn Minuten und zwei bittere Schlucke später hat »Motörhead« ausgedient. Jetzt singt Jim Morrison depressive Texte, die bei den Kneipengängern genau das Gegenteil bewirken. Wie elektrisiert springen einige Schwarzhemden durch die Gegend. Einer stößt mit dem Kopf gegen die Lampe hinter der Theke, die daraufhin fast im Takt wackelt. »Evil never dies« steht auf dem T-Shirt eines jungen, kurzhaarigen Typen, der selbst aber ganz lieb in einem Gespräch mit einer Frau vertieft scheint.
Langhaarige Mähnen
Zwischen Holztischen und einem gleichgültig dreinschauenden Jimi Hendrix holt plötzlich jemand eine »Luftgitarre« hervor — und zwar eine echte zum Aufblasen. Wie selbstverständlich spielt der langhaarige Mitt-Dreißiger mehrere Minuten auf dem Instrument, kaum beachtet von den anderen Leuten. Wahrscheinlich hat er ein paar Schlucke zu viel »Punk-Bier« getrunken.
»Ziggis« glühen
Längst sind die Billard-Tische verwaist. Die Musik spielt an der Theke, vor der ein Dutzend Rock-Fans noch immer springen und tanzen. Einer erhebt die Hände zum Teufelsgruß, während die anderen anerkennend hüpfen.
Eine halbe Stunde später verkehrt sich die Stimmung plötzlich ins Gegenteil. Alles wird ruhig, gediegen, beinahe gemütlich. Hat Jim Morrison erst jetzt seine volle Wirkung entfaltet? Doch der Grund, warum die Zahl der Tanzenden schlagartig zurückgeht, ist profaner: Gemeinsam strömen sie nach draußen, in den Raucherbiergarten, um kollektiv zu rauchen — eine »Ziggi«, wie eine junge tätowierte Frau lässig sagt.
Nur mit gewissem Pegel
So geht es weiter, in gechillter Atmosphäre, bis irgendwann um drei auch ein Hard-Rocker mal ins Bett muss. Eine Erkenntnis wird auf jeden Fall bleiben: Punk-Bier sollte man wirklich erst dann trinken, wenn man vorher schon einen gewissen Pegel erreicht hat.
Das Stud im OT-Kurzcheck
Zielgruppe: Studenten, Alt-68er, Rocker, Ausgeflippte, Alternative und jung Gebliebene aller Art.
Styling: nicht existent; Schwarz wird in allen Formen und Kombinationen getragen; besonders beliebt: Totenkopf-Symbole und Lederstiefel, natürlich ebenfalls in Schwarz.
Musik: Alles, was laut ist und vor 20 Jahren mal »in« war. Das spontane Mitgrölen wirkt erst mal befremdlich. Nachdem die Flasche »Punk-Bier« geleert wurde, gerät die Musik aber ohnehin zur Nebensache. Achtung: Aufblasbare Musikinstrumente im Umlauf!
Bedienung: Lässig und immer für ein Schwätzchen zu haben.
Bier-Preis (0,3 Liter, Pils): 2,20 Euro.